Freitag, 16. April 2010

der kuss

der kuss
hast du schon einmal den tod geküsst?
hat er dich geküsst?


der tod ist ein erotisches und sehr sexuelles wesen
mit begierde
nach dir


hat der mensch angst vor dem tod 
weil tod be-gierig ist
oder weil tod über diese seine sexualität
leben verspricht?


ein kuss auf die Uvula (gaumenzäpfchen) - klingt gut - fast wie ovula (eierstock)
und schon läuft nicht atemluft in die luftröhre
sondern speichel
du fängst an 
zu ersticken


was lässt dich ersticken?


du - du allein
denn du bist es
der gierig schlingt
der gierig atmen und schlucken will


entspann dich meine liebe, mein lieber
ich bin es
dein freund - der tod


ich zeige dir
wer du bist
wer du wirklich bist


warum magst du dich nicht?
was macht dich so gehetzt?


ich tanze mit dir durch dein leben
schon viele zeiten


ich bin dein freund


denn jedem moment
den du erlebst
den du erfährst
stirbt der moment davor


und ich küsse dich gerne
immer wieder
bis du mit mir tanzen magst


denn dann weiß ich
denn dann weißt du


dass du im leben angekommen bist


in deinem augenblick
aug in aug


erfährst du dich
und alles andere


du bist einfach


da


und ich mit dir


lebe dein leben
und tanze es mit mir


küssen ist so wunderbar
wenn jede zelle sich regt
und sich erneuert
weil ihr energie zugeführt wird


sie muss nicht mehr aus ihrem dasein dümpeln
sie nimmt jetzt wieder aktiv teil
sie weiß
dass sie ein 
eben
wichtiges momentum 
in deinem moment ist


und sie tanzen 
jede tanzt
so wie ich mit dir
und du mit mir


frei verbunden
aug in aug
im augenblick






der kuss 






und du fliegst
wie der schmetterling
den die puppe entlassen hat
hin zu mir
der ich dich aus deiner verpuppung 
geküsst habe















3 Kommentare:

Vajrakirti hat gesagt…

Der Tod ist auch mir seit jeher ein guter Freund. Die Lektionen wurden mit der Zeit immer schwieriger. Früher, in jungen Jahren, mal eine Prüfung auf Widerstehen der nackten, körperlichen Todesangst: bestanden und begriffen, dass es keinen Tod gibt. Das kleine 1x1 des Todes sozusagen.
Dann, vor ein paar Jahren, vom kleinen 1x1 sozusagen zur Fourier-Transformation der Todeslektionen. Das Sterben des Konzepts einer separaten "Ich!-Individualität", gnadenlos, radikal, Zusammenfallen wie ein gesprengtes Haus, staubfein zermahlen.

Dazu drei Gedichte, die drei Phasen des "danach" wiederspiegeln. Das zweite und dritte Gedicht poste ich der Länge wegen separat.

Abyss

Du schicktest mir
das grausamste Gesicht
Deiner Liebe.

An meinen tiefsten Sehnsüchten
bandest Du mich
unentrinnbar
auf dem Richtplatz.

Eisiges Schwert,
mächtig geführt,
tötete
unterschiedslos
alles in mir,
schnitt mich
mitten entzwei
bis hinunter
zur tiefsten Wurzel.

Die halbtoten Reste
zerfielen zu Staub
durch die Kraft
dieses Schwertes.

Wüste,
endlos,
pfadlos,
bis hinter den Horizont,
breitete sich
vor meinen inneren Augen.
Hiroshima.
Totale Vernichtung
einer Seelenlandschaft
bis ins kleinste Partikel.


Tot – in einem lebendigen Leib,
stieg Erinnerung auf
an innere Bilder,
und Lehren
von diesem Land der Pfadlosigkeit,
die Du einst mir gegeben
zusammen mit Deiner Liebe.

Gewandelter Blick,
der mondlichtgleich
das Klare Licht des Todes
in sich trägt
zeugt hier Leben,
in diesem Land
an der Grenze zur Ewigkeit.

Ausharrend,
den Blick leer,
zu mondlichtgleicher Klarheit
gewandelt,
lies ich zu,
- endlich -
dass Du neu
mich erschufst
aus der grenzenlosen Kraft
Deiner Liebe.


Ein Mensch,
stehend am Abgrund,
fragt nach Hilfe,
und plötzlich
sehe ich mich,
neu erschaffen,
die Flügel entfaltet,
mit beiden Füßen
fest gegründet
in der bodenlosen Schwärze
der Abyss
stehend
den Weg weisen.

Ich bin Dein
Auf ewig.

Perino, 23.07. 2006

Vajrakirti hat gesagt…

2. Der Flug des Garuda

Himmelgroße Feuerschwingen
gleiten leise übers Land,
tausende von Funken sprühend,
tausende von Bränden setzend,
wachsend bis zum Höllenbrand,
sonnenheiße Glut, die lodernd
wirkt bis alles abgeflammt.

Graue Asche weht durchs Land,
deckt den Grund mit grauem Schleier,
dicht, bis hintern Horizont.
Geist verstummt,
in Leerheit schweigend,
füllt den Raum der großen Stille,
der hier brennend ihm entstand.

Lange währet diese Stille,
als der letzte Hauch erlischt,
bis hinein in dieses Schweigen
der Gesang Garudas bricht.
Unbemerkt die ersten Strophen,
seines Lebensliedes Licht.

Zart erweckt das Lied das Leben
in der grauen Aschenschicht.
Kaum, dass es erklingt erbeben
erste Samen, tief vergraben,
zarte grüne Spitzen reckend,
die erweckt vom Flammenlicht.

Diese ersten Sprossen Leben,
frisch ergrünt auf Aschengrund,
sind Garudas eignes Wesen,
neu erblüht im zarten Raunen
magischer Entstehungsstund.

Fortan blüht Garudas Wesen,
der verschenkend sich entflammte,
göttergleich als grünes Land,
damit fortan all das Leben,
sei von götterreinem Stand.

Dieses kleine Lied Garudas
ich in seinen Federn fand,
rotgold glühend kleine Flämmchen,
die mir leise singend raunten
von Garudas reinem Land.

Perino, 22.11. 2008

Vajrakirti hat gesagt…

Der Zaunreiter

Still sitze ich
auf dem Zaun
zwischen den Welten,
nach Sturm und Vernichtung
hierher gelangt,
still geworden im Wollen.

Schauend aus dem Jetzt
auf Leuchtendes
und Selbstleuchtendes
ohne Werten,
schauend
auch auf mich selbst,
Form und Formloses in einem
bin ich
Schau und Schauender
gegründet
im puren
ungeborenen Sein.

So verweilend
gleicht das Ich
der Gestalt
einer Schmetterlingspuppe.
Unverändert im Außen
geschieht innen
totale Verwandlung,
und irgendwann
schlüpft aus der Puppe
ewig ungeboren
und doch stets neu erschaffen
wie eine magische Erscheinung
der Zaunreiter.


Perino, 29.06. 08


Erklärung: ein Zaunreiter ist ein schamanischer Begriff für jemanden, der mit seinem Geist sowohl in dieser, als auch in jener Welt steht und somit eine Brücke zwischen beiden darstellt.